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Gesellschaft f. Christl.-Jüd. Zusammenarbeit
Bericht über eine Exkursion zur Euthanasiegedenkstätte Pirna Sonnenstein
Veröffentlichung: 14.01.2014



Der Schrecken des „schönen Todes“ Denken wir an den Nationalsozialismus, erscheint meist sofort der Begriff Holocaust in unseren Köpfen. Die Ermordung von sechs Millionen Juden ist das wohl grausamste Beispiel für die nationalsozialistischen Verbrechen, aber nicht das einzige. Vergangenen Dienstag reisten die Leistungskurse Geschichte der 11. und 12. Klasse nach Pirna-Sonnenstein, einer ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt, in der die Nationalsozialisten tausende behinderte und kranke Menschen ermordeten. Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit e. V. ermöglichte diese Exkursion. Frau Käte Höllmüller und Herr Hans-Christoph Oehme begleiteten uns. Die Temperatur kratzt am Gefrierpunkt als wir den Bus verlassen, ein kalter Wind weht uns ins Gesicht und der Himmel ist mit grauen Wolken behangen. Es scheint als hätte sich das Wetter unserem heutigen Thema angepasst: kalt und ungemütlich. Wir laufen über einen Hof auf das Hauptgebäude der ehemaligen Anstalt zu. Was für schreckliche Geschehnisse sich in ihm abgespielt haben, sieht man ihm von außen nicht an. Nur eine Tafel im Boden zeigt, dies ist kein gewöhnliches Haus. Auf ihr steht die genaue Zahl der hier ermordeten Menschen: 14031. Schweigend warten wir kurz bevor wir schließlich das Gebäude betreten und unsere Führung beginnt. Seit dem Jahr 2000 ist die Anlage eine Gedenkstätte und gedenkt den nationalsozialistischen Verbrechen und deren Opfern. Besucher können eine Dauerausstellung besuchen, welche sich im Dachboden und in den Kellerräumen des Hauptgebäudes befindet. Besucher haben außerdem die Möglichkeit, an Führungen teilzunehmen. Das Hauptthema der Gedenkstätte ist die Euthanasie, übersetzt: der „schöne Tod“. Dieser Begriff steht für die Ermordung tausender Menschen mit Behinderung oder einer unheilbaren Krankheit. Das NS-Regime propagierte: „Was nicht den Anforderungen des Seins genügt, das zerbricht.“ Damit waren die Schwachen der Gesellschaft, also Kranke und Behinderte, gemeint, die laut den Nationalsozialisten ein „lebensunwertes“ Leben führten und die Gesellschaft schwächten. 1940 kam es zur streng geheimen „Aktion T4“, die die Ermordung der kranken und behinderten Menschen veranlasste. Neben Pirna-Sonnenstein gab es noch fünf weitere Anstalten, in denen die Euthanasie betrieben wurde. Als wir uns ein Bild von Euthanasie gemacht hatten, führte uns Maria Bewilogua, Angestellte der Gedenkstätte, auf den Hof zurück, um uns weitere Details zur Anstalt zu erläutern. Anschließend betraten wir den Keller. Wir fanden uns in einem kleinem Raum wieder, der früher als Warteraum genutzt wurde. Der Raum ist spärlich beleuchtet. Nur etwas Tageslicht dringt durch die kleinen Fenster in den grauen Wänden. Eine unbehagliche, bedrückende Atmosphäre. An der Wand hängen drei große Tafeln mit den Namen von 11.600 Opfern, die übrigen konnten namentlich nicht zugeordnet werden. „Noch heute kommen Menschen, um nach dem Schicksal eines ihrer Familienangehörigen zu fragen“, sagt Bewilogua. „Die Geschehnisse sind also nicht wie ein Geschichtsbild, das wir zuklappen und wegstellen können.“ Während der „Aktion T4“ arbeiteten 100 Angestellte in der Anstalt, alle freiwillig. Die Ärzte waren meist jung und strebten eine steile Karriere an, weswegen sie sich an den Verbrechen beteiligten. Pirna-Sonnenstein enthielt eine Gaskammer und zwei Krematorien, in denen 14.031 Menschen ihren Tod fanden. Insgesamt fielen der Euthanasie etwa 70.000 Menschen zum Opfer. 1941 stellte der NS-Staat die „Aktion T4“ wegen Unmut in der Bevölkerung ein. Wir atmen auf, als wir aus dem Kellergewölbe treten und die ehemalige Gaskammer, die Fundamente der Krematorien und die düsteren Räume hinter uns lassen können. Bevor wir die Gedenkstätte verlassen, sehen wir noch eine Gedenktafel mit der Überschrift: „Vergangenheit ist Gegenwart.“ Joscha Arnold/Käthe-Kollwitz-Gymnasium

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